Architektur

© KMK, Foto: Horn

Die Landesgalerie Niederösterreich in Krems ist ein einzigartiges Architekturjuwel am Tor zum UNESCO-Weltkulturerbe Wachau. Der Bau zeichnet sich durch Dynamik, Innovation und Wagemut aus. Das sind auch die Leitmotive für das Ausstellungsprogramm unter der künstlerischen Direktorin Gerda Ridler.

Meilensteine der Architekturgeschichte

Im April 2014 traf die Niederösterreichische Landesregierung eine zukunftsweisende Entscheidung – sie beschloss den Bau eines Museums für die Kunstsammlung des Landes mit Standort in Krems an der Donau. Die historische Stadt mit rund 25.000 Einwohner:innen ist mit bedeutenden Ausstellungshäusern entlang der Kunstmeile Krems das Kompetenzzentrum für bildende Kunst in Niederösterreich. Der Neubau der Landesgalerie Niederösterreich markiert einen Meilenstein in dieser Entwicklung. Gemeinsam mit der Kunsthalle Krems und dem Karikaturmuseum Krems bildet die Landesgalerie am Museumsplatz das Zentrum der Kunstmeile Krems.   

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Für die Errichtung des neuen Museums wurde ein EU-weiter Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Unter dem Juryvorsitz von Elke Delugan-Meissl ging 2015 der Entwurf des Vorarlberger Architekturbüros marte.marte architects einstimmig als Gewinner der 59 Einreichungen hervor. Die Architekten Bernhard und Stefan Marte zeichnen für eine beachtliche Reihe prämierter Bauten im Bereich Kultur, Bildung, Infrastruktur und Gesundheit verantwortlich.  

Von den malerischen Altstädten von Krems und Stein ausgehend, steht bei marte.marte die Reduktion auf das Wesentliche im Vordergrund. Architektonisch verbindet der Entwurf auf harmonische Weise Tradition und Moderne. Der Bau knüpft an die Leistungen der vergangenen Jahrhunderte an und fügt sich kühn in das Stadtbild ein.

Mit großer Präzision wird eine Landmark, eine tänzerische Skulptur, geschaffen, die durch Signifikanz und Eigenständigkeit besticht sowie den Stadtraum neu choreografiert.
Elke Delugan-Meissl, Juryvorsitzende des Architekturwettbewerbs

Im Juni 2016 erfolgte der erste Spatenstich. Bald darauf traten archäologische Funde zutage – ein komplexes System hölzerner Pfahlreihen einer mittelalterlichen Hafenanlage wurde freigelegt. Zu deren Geschichte informiert heute das „Bodendenkmal“ im Außenbereich und eine Online-Präsentation. Nach zweieinhalb Jahren Bauzeit wurde das Museum im Dezember 2018 fertiggestellt. Die feierliche Eröffnung der Landesgalerie Niederösterreich fand im Mai 2019 mit fünf Ausstellungen statt.

© Lukas Beck

Ein Wahrzeichen für die Kunst

Der Neubau der Landesgalerie Niederösterreich setzt ein starkes architektonisches Signal und ein deutliches Zeichen für die Kunst. Ins Auge sticht die dynamische Form des Gebäudes, ein sich in die Höhe schraubender Monolith. Der zentrale Akzent liegt auf seiner Achsendrehung, die zwei Bewegungsrichtungen – zum historischen Stadtkern und zur Donau hin – genau dort verbindet, wo Besucher:innen die Kunstmeile Krems betreten. 

Als Vorbild diente die figura serpentinata, ein manieristisches Gestaltungsmotiv, das spiralförmig dargestellte Figuren von jedem Standpunkt aus unterschiedlich erscheinen lässt. Ihre Wirkung erzielen die Skulpturen erst, wenn man sie umschreitet und dadurch die Vielfalt an Ansichten deutlich wird. Diesen Effekt erzeugt auch der Kubus der Landesgalerie: Er eröffnet von jeder Seite neue Perspektiven, macht einen Twist um sich selbst, verjüngt sich nach oben und gibt schließlich über einen Einschnitt Richtung Donau den Blick auf das Benediktinerstift Göttweig frei.

Dem Neubau der Landesgalerie Niederösterreich der Architekten Stefan und Bernhard Marte gelingt etwas Einzigartiges: eine überzeugende Verbindung von Monumentalität und Leichtigkeit, Geschlossenheit und Transparenz. Selten hat ein Bau die Dynamik eines Standortes so überzeugend umgesetzt.
Dietrich Neumann, Professor für Architektur und Stadtplanung, Brown University

Tänzerin aus Krems

© KMK, Foto: Horn

Die Schuppenfassade besteht aus 7.200 matten, silbergrauen Zinkschindeln und erzeugt ein homogenes Erscheinungsbild. Die Assoziation mit einem Paillettenkleid liegt nahe. Liebevoll wird die Landesgalerie Niederösterreich aufgrund ihrer Drehung und Gestaltung auch als „Tänzerin aus Krems“ bezeichnet.

Nach außen öffnet sich die Landesgalerie Niederösterreich mit weiten Fensterbögen vom Boden weg. Dadurch ergeben sich im Erdgeschoss einladende, lichtdurchflutete Räume. Insgesamt stehen 3.000 m² Ausstellungsfläche zur Verfügung. Der Parcours führt über vier Stockwerke zu einer großen Terrasse. Diese bietet einen herrlichen Blick zur Donau, zum Stift Göttweig sowie zur Altstadt von Stein. Im Untergeschoss befindet sich der größte Präsentationsbereich, der die Landesgalerie mit der gegenüberliegenden Kunsthalle Krems verbindet. 

Die Krümmung des Kubus setzt sich mit hyperparabolischen Wänden im Inneren des Gebäudes fort. Durch eine zurückhaltende Ausstellungsarchitektur bleibt das dynamische Raumgefühl weitgehend erhalten. Jede Etage bietet große, offene Ausstellungsbereiche, die ein harmonisches Zusammenspiel von Architektur und musealer Installation gewährleisten.

Auszeichnungen

Die Landesgalerie Niederösterreich wurde mit wichtigen Architekturpreisen prämiert: mit dem Iconic Award für innovative Architektur (2019) und dem German Design Award in der Kategorie „Excellent Architecture“ (2019). 2020 wurde die Landesgalerie Niederösterreich als das „beste Bauprojekt Österreichs aus Transportbeton“ ausgezeichnet.

Künstlerische Interventionen

Permanente künstlerische Interventionen setzen sich mit der Architektur und dem Inhalt der Landesgalerie Niederösterreich auseinander. Von Leo Zogmayer stammt der im Außenraum deutlich sichtbare Schriftzug WENN ICH KUNST SAGE  MEINE ICH DAS GANZE. Er regt damit zum Nachdenken über die Rolle von Kunst und ihre Bedeutung für unsere Gesellschaft an. Judith Fegerl setzte sich mit der architektonischen Drehung des Gebäudes auseinander und montierte im Erdgeschoss drei irritierende Elemente aus Beton, die sie imaginär als Ausgangspunkt für die Kraft der Drehung sieht. Werner Reiterer bespielt den großen Aufzug des Museums mit einer Klanginstallation und überrascht die Besucher:innen mit seinen Gedanken zur Fortbewegung des Menschen im Laufe seiner Geschichte.