WIENER MODERNE. WEIBLICH. WIDERSTÄNDIG
11.04.2026 – 17.01.2027
FANNY HARLFINGER-ZAKUCKA UND DIE WIENER FRAUENKUNSTDie Universalkünstlerin Fanny Harlfinger-Zakucka (1873–1954) war eine radikale Fürsprecherin für die Frauenbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Vor hundert Jahren gründete sie die Vereinigung Wiener Frauenkunst. Anlässlich dieses Jubiläums widmet die Landesgalerie Niederösterreich der fast vergessenen Vertreterin der Wiener Moderne eine Ausstellung. Diese gibt neue Einblicke in ihre vielfältige künstlerische Arbeit sowie in den Kampf der weiblichen Kunstszene um Emanzipation und Anerkennung in der Zwischenkriegszeit.
WIEDERENTDECKUNG EINER UNIVERSALKÜNSTLERIN
Als Malerin, Grafikerin, Illustratorin und Kunstgewerblerin hinterließ Fanny Harlfinger-Zakucka ein facettenreiches Werk. Im niederösterreichischen Mank geboren, ging sie zum Kunststudium nach Wien, schuf bereits 1903 erstaunlich avantgardistische Farbholzschnitte und brach als Frau in die damals absolut männliche Domäne des Möbeldesigns ein.
Sie nahm an der legendären Kunstschau der progressiven Klimt-Gruppe teil und war Mitglied der von Egon Schiele gegründeten Neukunstgruppe. Stets am Puls der Moderne schuf die Künstlerin Illustrationen für die bedeutenden Kunstzeitschriften „Ver Sacrum“, „Der liebe Augustin“ und „Die Fläche“. Harlfinger-Zakucka kooperierte außerdem mit der Wiener Werkstätte. Ihre Arbeiten wurden sowohl auf Wiener Sonderausstellungen als auch im Pariser Salon gezeigt.
Die Künstlerin wurde für das innovative Design ihres modern gestalteten Kinderzimmers mit einem Ehrenpreis von der Gemeinde Wien ausgezeichnet. Ihre Kreation überzeugte durch Möbel in einem lebendigen Zitronengelb, durchzogen von einem auffälligen roten Gittermuster. Diese Möbelstücke waren nicht nur funktional – sie dienten sowohl zur Aufbewahrung als auch zum Spielen.
Die Wiederentdeckung der künstlerischen, kuratorischen und emanzipatorischen Leistung von Harlfinger-Zakucka trägt zu einer entscheidenden Korrektur des Geschichtsbildes bei.
Fanny Harlfinger verfügt über ein tieferes Wissen von dem, worauf es in der Malerei zum Teil ankommt. Sie besitzt malerische Intelligenz.
PIONIERINNEN IM KAMPF UM ANERKENNUNG
Die Ausstellung rückt sowohl zahlreiche verloren geglaubte Werke von Harlfinger-Zakucka in den Fokus als auch die von ihr initiierte Vereinigung Wiener Frauenkunst. Im Jahr 1926 sagten sich unter der Führung von Harlfinger-Zakucka Künstlerinnen von der traditionellen Vereinigung der bildenden Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ) los und gründeten die als progressiv und linksliberal eingestufte Künstlerinnenvereinigung Wiener Frauenkunst.
Die expressionistischsten Keramikerinnen, die radikalsten Malerinnen, die innovativsten Bildhauerinnen und Architektinnen wollten die Stereotypen, die damals die Frauenkunst umgab, durchbrechen. Sie verfolgten einen neuen feministischen Ansatz und setzten innovative Maßstäbe im Ausstellungsdesign. Die Künstlerinnengruppe entwickelte nicht nur neue raumkünstlerische Arrangements, sondern die bis dahin unbekannten Formate der Themenausstellung und des Ausstellungskatalogs mit theoretischen Texten.
1930 organisierte die Wiener Frauenkunst parallel zum internationalen Frauenkongress die Ausstellung „Wie sieht die Frau?“ und mischte sich damit offensiv in die seit Beginn des Jahrhunderts geführte Debatte über die Kreativität von Frauen ein. Schon ein Jahr später zeigte die Vereinigung in der Secession „Die schaffende Österreicherin“. Bei dieser Ausstellung ergänzten die Künstlerinnen bei ihren Werken ihre Porträtfotos. So rückten die Frauen selbst in den Mittelpunkt und machten sichtbar, wer hinter der Kunst stand.
KÜNSTLERINNEN DER WIENER MODERNE
In der Landesgalerie Niederösterreich werden neben Fanny Harlfinger-Zakucka unter anderem Arbeiten von folgenden Künstlerinnen gezeigt: Bettina Bauer-Ehrlich, Maria Cyrenius, Helene Funke, Margarete Hamerschlag, Stephanie Hollenstein, Hilda Jesser-Schmid, Broncia Koller, Dina Kuhn, Gabi Lagus-Möschl, Frieda Salvendy, Annie Schröder-Ehrenfest, Marianne Seeland, Susi Singer, Louise Spannring, Maria Strauss-Likarz, Helene Taussig, Hilde Wagner-Ascher, Franziska Zach und Liane Zimbler.
FEMINISTISCHE KUNST
Fanny Harlfinger-Zakucka starb 1954 in Wien im Alter von 81 Jahren. Mit ihrem Engagement und ihrem künstlerischen Schaffen prägte sie die Wiener Moderne nachhaltig und setzte Maßstäbe für die Rolle von Frauen in der Kunst.
Anfang der 1970er-Jahre knüpfte die Feministische Avantgarde und die Internationale Aktionsgemeinschaft bildender Künstlerinnen (IntAkt) an die Arbeit der Wiener Frauenkunst an und forderten die Gleichberechtigung erneut ein.
Viele ihrer Vorkämpferinnen wie die erfolgreiche Künstlerin und engagierte Kulturpolitikerin Fanny Harlfinger-Zakucka waren mittlerweile von der Kunstgeschichtsschreibung weitgehend vergessen worden.
Kuratorin: Sabine Fellner